Kantonale Volksinitiative Zürich: "Selbstbestimmung am Lebensende auch in Alters- und Pflegeheimen"
Begründung:
Die Stimmberechtigten des Kantons Zürich haben sich in der Volksabstimmung vom 15. Mai 2011 gleich zwei Mal mit weit überwiegenden Mehrheiten für die Grundfreiheit ausgesprochen, das eigene Lebensende selbst zu bestimmen und dazu Hilfe in Anspruch nehmen zu können. Noch immer ist dies aber nicht in allen Alters- und Pflegeheimen oder Spitälern im Kanton Zürich möglich.
Es muss vermieden werden, dass Schwerstkranke, oder Patientinnen und Patienten, welche Suizidhilfe in Anspruch nehmen möchten, ihr Domizil oder das Spital dazu verlassen müssen. Deshalb ist es notwendig, das Selbstbestimmungsrecht der Menschen am Lebensende auf dem Wege einer Volksabstimmung zu sichern. Um Rechtsklarheit zu schaffen, wird im Patientinnen- und Patientengesetz das Recht der in Einrichtungen untergebrachten Personen festgehalten; im Gesundheitsgesetz wird die Verpflichtung der Einrichtungen, dieses Recht ihrer Bewohnerinnen und Bewohner zu dulden, festgehalten.
Wortlaut:
«Die unterzeichnenden, im Kanton Zürich wohnhaften Stimmberechtigten stellen gestützt auf Art. 23 ff. der Kantonsverfassung vom 27. Februar 2005 sowie das Gesetz über die politischen Rechte (GPR) und die zugehörige Verordnung (VPR) in der Form des ausgearbeiteten Entwurfs folgendes Begehren:
I. Das Patientinnen- und Patientengesetz vom 5. April 2004 wird wie folgt geändert:
Sterbehilfe - § 31
Patientinnen und Patienten einer Institution gemäss § 1 Abs. 1 und 2 können in deren Räumlichkeiten Sterbehilfe in Anspruch nehmen.
II. § 38a des Gesundheitsgesetzes vom 2. April 2007 wird wie folgt geändert:
Sterbehilfe - § 38a
Institutionen gemäss § 35 Abs. 2 lit. a und b müssen in ihren Räumlichkeiten die Durchführung eines von einer Patientin oder einem Patienten resp. einer Bewohnerin oder einem Bewohner erbetenen assistierten Suizids durch institutions- oder einrichtungsexterne Dritte dulden. Anders lautende Vereinbarungen sind unwirksam.
III. Diese Gesetzesänderungen treten am ersten Tag des zweiten Monats nach dem unbenutzten Ablauf der Referendumsfrist oder bei einer Annahme in der Volksabstimmung nach der Feststellung der Rechtskraft der Ergebnisse in Kraft.»
Sinnlosen Entscheid korrigieren:
Der Kantonsrat hat die Selbstbestimmung der Zürcher Heimbewohnerinnen und -Bewohner am 31. Oktober 2022 mit einem Zufallsmehr eingeschränkt (siehe dazu Medienmitteilungen von DIGNITAS und EXIT).
Die parlamentarische Initiative Göldi wollte den Heimbewohnenden eigentlich mehr Rechte zusprechen – und fand auch eine deutliche Mehrheit im Kantonsrat. Gegnerinnen und Gegner der Sterbehilfe schafften es jedoch, die Initiative so zu verwässern, dass Alters- und Pflegeheime ihren Bewohnenden nach wie vor verweigern können, in den eigenen vier Wänden Suizidhilfe zu beanspruchen.
Diese als Kompromiss verkaufte Umkehr wurde ganz knapp mit 81 zu 80 Stimmen angenommen.
Verschiedene Politikerinnen und Politiker und andere namhafte Unterstützer der Sterbehilfe haben sich deshalb im Initiativkomitee "Selbstbestimmung am Lebensende auch in Alters- und Pflegeheimen" zusammengeschlossen, um das Zufallsresultat zu korrigieren und das Volk entscheiden zu lassen.
Lesen Sie hier alle wichtigen Argumente rund um die kantonale Volksinitiative:
Argumentarium des Initiativkomitees
Häufige Fragen zur Initiative
Das Volksbegehren fordert, dass Menschen in Alters- und Pflegeheimen oder Spitälern, die assistierte Suizidhilfe beanspruchen möchten, diese auch erhalten können – selbst wenn die Institutionen eine private Trägerschaft haben.
Die Sterbehilfe wird von anerkannten Vereinen geleistet. Das Heim selbst muss dabei keine direkte Unterstützung leisten.
Seit 1985 kann eine Person in der Schweiz selbst entscheiden, wann und wie sie sterben will. Das Bundesgericht hat diese Freiheit 2006 bestätigt. Im Kanton Zürich sind jedoch private Heime und alle Spitäler von der Pflicht, Suizidhilfe zuzulassen, ausgenommen
Es ist stossend und belastend, wenn jemand zum selbstbestimmten Sterben das Heim oder Spital verlassen muss.
Nein. Ähnliche Regelungen gibt es bereits seit 2013 im Kanton Waadt, seit 2015 im Kanton Neuenburg, seit 2018 im Kanton Genf und im Kanton Wallis seit 2023. Mehr als drei von vier Menschen im Wallis haben in einer Volksabstimmung Ja dazu gesagt.
Das Bundesgericht hat diese Frage klar entschieden: Das Recht von Personen steht über dem Recht von Institutionen.
Übrigens auch dann, wenn sie eine private, (z.B. religiöse) Trägerschaft haben. Auch diese Institutionen werden meist mit öffentlichen Mitteln subventioniert und in unserem Staat gilt die Religionsfreiheit.
Häufig stimmt das leider nicht, weil viele Heimeintritte kurzfristig erfolgen müssen (z.B. nach einem Sturz) und nicht langfristig geplant werden können. In dieser Situation bleibt oft keine Wahl.
Sterben gehört zum Alltag in Heimen für alte Menschen. Die Pflegenden können damit umgehen. Wichtig ist, vorher darüber zu informieren und das Gespräch zu suchen. So können sie verstehen, warum jemand sterben möchte, und man kann sich verabschieden.
Nein, es sind pro Jahr nur wenige Fälle. Von insgesamt tausend verstorbenen Personen nehmen nur etwa 16 Menschen Sterbehilfe in Anspruch.
In der Stadt Zürich ist der assistierte Suizid seit dem Jahr 2001 in all ihren Heimen zugelassen: Die Zahl der jährlichen Suizidhilfefälle in den städtischen Heimen ist stabil und schwankt zwischen Null und Sechs.
In Spitälern des Kantons Zürich ist assistierte Suizidhilfe bisher nicht zugelassen. Diese wird auch nach Annahme der Initiative nur in Ausnahmefällen vorkommen.
Das war ursprünglich der Plan. Eine deutliche Mehrheit im Parlament unterstützte einen entsprechenden Vorstoss (Parlamentarische Initiative Göldi).
Im Laufe der Beratungen und weil eine Kommission die Rechte der Institutionen höher bewertete als die Rechte der Bewohnenden, wurde der Vorstoss umformuliert. Private Heime dürfen die Suizidhilfe weiterhin verbieten. Neu sollen nur noch Alters- und Pflegeheime zur Zulassung von Sterbehilfe in ihren Räumen verpflichtet werden können, welche einen kommunalen Leistungsauftrag haben.
Weil jedoch heute jedes Heim mit der Gemeinde verhandeln und den kommunalen Leistungsauftrag ohne Nachteil durch einen privatrechtlichen Auftrag ersetzen kann, ist dies ein fauler Kompromiss. Jede Institution kann sich dadurch der Pflicht zur Respektierung der Selbstbestimmung seiner Bewohnerinnen und Bewohner entziehen.
Deshalb braucht es diese Volksinitiative. Das Grundrecht der Bewohnenden wird damit gesichert.
Für die Initiative sind genügend Unterschriften eingetroffen, herzlichen Dank dafür!
Helfen können Sie auch mit einer Spende an das Initiativkomitee. Hier finden Sie die notwendigen Angaben für die Überweisung einer Spende.